Pannukahvi: Outdoor-Kaffeegenuss vom offenen Feuer

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Für die Finnen scheint „Feuer machen“ eine grundlegende Fähigkeit zu sein, die eigentlich jeder beherrscht. Sauna anschüren, Flammlachs grillen oder etwas ausgiebiger als Juhannusfeuer? Es ist allgegenwärtig und, ja, der harzig-rauchige Duft gehört für mich einfach zu Finnland – neben dem Geruch von frischen Kaffee – dazu. Als Quintessenz bieten die Finnen gerne den Pannukahvi frisch vom Feuer an. Und kein Finne wird sich die Gelegenheit entgehen lassen, den rauchig-kraftvollen Wachmacher zu genießen.

Es ist tiefer Winter und Jyväskylä liegt tief verschneit bei knackigen -10 Grad Celsius am gefrorenen See Jyväsjärvi. Die ersten Sonnenstrahlen Ende Januar lassen die Finnen aus ihren Höhlen krabbeln und auf der Eisfläche des erstarrten Sees tummelt sich das Volk beim Schlittschuhlaufen und Langlaufbahnenziehen. Ein wärmender Kaffee kommt nach ein paar Runden doch da sehr gelegen. Das dachten sich 2021 – mitten in der Pandemie – einige findige Tourismus-Studenten auch. Die eine kleine lappländische Kota kurzer Hand kauften und am Hafen aufstellten. Die Schlange vor der Eingangstür des hölzernen Hüttchens lässt erahnen: Hier gibt es wohl etwas, worauf die Finnen unheimlich fliegen. Pannukahvi! Sehen wir uns das also einmal genauer an.

Das Feuer lodert gemütlich im inneren der Kota, die im Hafen der Mittelfinnischen Stadt tatsächlich etwas deplatziert wirkt. Findet man doch die typischen Grillhütten eher in ländlichen Gegenden oder eigentlich in Lappland. Egal auf welche Farm man kommt, oder wo man unterwegs in der Natur ist, es gibt im noch so entlegensten Winkel eine Feuerstelle auf der ein rußiger Kaffepott wartet – selbst auf der unbewohnten Insel Hokkinen.

Im Inneren der Jyväskyläer Kota hängen etliche schwarz-rußige Kannen geduldig im über dem Feuer und blubbern und schnotzen vor sich hin – ein wohliger Kaffeeduft vermischt sich mit dem süß-herben Rauch der Kiefern-Scheite. Eine der Studentinnen dreht eine „reife“ Kanne aus dem Lodern der Flammen und gießt nach kurzem Warten, damit der Kaffeesatz absinkt, den heißen Kaffee in die Becher. Wir nehmen unseren Pannukahvi (fin. Kannenkaffee) freudig nach der Wartezeit entgegen. Was für ein Aroma sich beim ersten vorsichtigen Schluck im Mund verteilt. Auszeit pur!

Tatsächlich ist das Aufsetzen des wohl genussvollsten Kaffees reine Gefühlssache – so sieht es zumindest aus. In die Stahl- oder Kupferkessel kommen neben „randvoll Wasser“ auch ein „guter Schwung Kaffeepulver“. „Das geht per Augenmaß. Einfach schütten! Hauptsache nicht zu wenig, denn verdünnen kann man schließlich später immer noch.“, sprach mir vor einigen Jahren Marcus vom Varjola Lomakohde Mut zu, als wir uns nach dem Wildwasserraft am Feuer mit – natürlich – Pannukahvi aufwärmten.

Marcus aus Varjola in seiner Kota während der Kaffee kocht. Es ist immer Zeit für ein gemütliches Gespräch.

Dann geht es weiter und die Kanne wird in die Flammen gedreht, der Sud blubbert hoch und die schwarze Köstlichkeit entsteht. So archaisch und ursprünglich wirkt diese Prozedur, herrlich. Wie sehr man das Kaffeekochen outdoor zelebrieren kann zeigt übrigens Outdoor-Journalist Joppe Ranta und er behauptet schlicht: „Nokipannukahvi on parasta!“ – Rußkannenkaffee ist der Beste!

Pannukahvi mitten im Wald – finnischer Hochgenuss! Und sehr entspannend zuzusehen.

Eine „etwas genauere“ Brühanleitung für euren Pannukahvi

So wird gebrüht:

  1. Wasser in die Kanne geben und über / in das Feuer hängen bis es kocht.
  2. Die Kessel vom Feuer nehmen, den Kaffeesatz einfüllen, so dass er auf der Wasseroberfläche einen kleinen Haufen bildet. Um es genau abzumessen kann man pro Tasse (125ml) einen Esslöffel rechnen.
  3. Deckel drauf und die Kanne wieder erhitzen. Den Kaffee einmal aufschäumen lassen, aber nicht kochen.
  4. Kaffee dann aus dem Feuer nehmen und ruhen lassen bis das Pulver sich auf den Boden abgesetzt hat. Evtl. etwas Wasser zugeben oder Kessel stoßen, damit der Satz von der Wand der Kanne abgeht. Sollten sich noch Satzpartikel in der ersten Tasse befinden, einfach zurück gießen.
  5. Dann nur noch einschenken und genießen.

Guter Begleiter in der Natur und ein wenig Nostalgie

Warum Pannukahvi so beliebt ist liegt, nach meinem Empfinden, auf der Hand. Finnen lieben Kaffee, haben sie doch seit Jahrzehnten einen der größten pro Kopfverbrauch weltweit. Auch das Outdoor-Leben ist in Finnland selbst Städtern allgegenwärtig. Finnische Orte und Städte liegen immer in mitten beinahe unberührter Natur. In die Wälder zu gehen ist also ganz natürlich für Finnen und da will man besonders, wenn es kalt ist,0 nicht auf das Päuschen mit frischen Kaffee verzichten. Kaffepulver, Kaffeekessel und Wasser gehören bei vielen Wanderern zur grundausstattung auf einer Tour. Wir dann die Kanne, die es mittlerweile auch in handlichen, leichten Modellen gibt, am Laavu (fin. Feuerstelle) oder in einer Kota gezückt, wird derjenige bald ein Leuchten in den Augen der anderen Outdoormenschen funkeln sehen, während sie sich selbst nur mit Grillwürstchen zufrieden geben müssen.

So verwundert es also nicht, dass selbst die Kota in Lutakko Hafengebiet sich so großer Beliebtheit erfreut. Es hat sicher für viele etwas nostalgisches oder sogar ursprüngliches, den Pannukahvi zu genießen. Viele kennen den Genuss und Duft von früher oder von ihren kleinen und großen Abenteuern in der finnischen Wildnis.

Kaffee vom Feuer selbstgemacht

Zugegeben: die Feuerstellendichte in Deutschland ist bei weitem nicht so hoch wie in Finnlands Wäldern und trotzdem müsst ihr auf dieses Outdoorglück nicht verzichten. Um das Kesselchen über das Feuer zubringen habe ich seit einigen Jahre den Faltofen () einer finnischen Firma schätzen gelernt. Besonders wenn man nicht unbedingt ein großes Feuer machen will, eignet sich dieser nämlich in Feuerstellen oder Feuerschalen, selbst im heimischen Garten, effizient den Kannenpott zu erhitzen. Und er lässt sich danach äußerst platzsparend wieder verstauen.

Idealerweise nehmt ihr euch ein etwas gröber gemahlenes Kaffeepulver mit. Dieses Kocht stabil im Wasser ohne zu sehr Schwebeteilchen zu hinterlassen. Angeblich sinkt er auch schneller ab. Wer aber feineren Kaffee oder auch Tee zubereiten möchte könnte sich mit einem Perkolator () anfreunden. Darin steigt das siedende Wasser über ein Röhrchen in einen Siebträger und brüht wie die heimische Kaffeemaschine, allerdings ganz ohne Strom, den Kaffee oder Tee auf.

Outdoor-Tipp: Probiert auch mal Tee aus Nadel aus. Kiefer, Fichten oder Wacholder könnt ihr selbst im Winter würzigen und auch teilweise heilsamen Tee zubereiten. Ein herber Waldgeschmack zum Aufwärmen.
ACHTUNG: Auf keinen Fall Eibe oder Thuja verwenden. Diese sind giftig.

Traditionell wird der Pannukahvi schwarz genossen. Wer aber etwas Milch und Zucker benötigt, muss bei seinem Outdoor-Abenteuer einfach nur dran denken, sie mit zunehmen. Wer es richtig besonders haben will, probiert ein wenig Leipäjuusto im Kaffee, das ist ein Stückchen weißer Brotkäse, den es so nur in Finnland gibt. Egal wie ihr euren Kaffee genießt, erzählt mir gerne einmal von euren Pannukahvi-Erlebnissen.

Kategorie Leckeres, Outdoor & Natur

In meinem Herzen schlägt eine Leidenschaft, die mich seit meinen Teenager-Tagen nicht mehr los lässt: FINNLAND. Eher ist es in all den Jahren schlimmer geworden und die Vermutung "das verwächst sich" oder "es ist nur eine Phase" lässt sich auch nicht mehr anbringen. Also blogge ich mir nun das Finnweh von der Seele und hoffe auf amüsierte und interessierte Leser.

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