Alvar Aalto im Ateneum: Form, Kunst und Moderne #Suomi100

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Wer schon immer einmal das Wirken und Werken von Alvar Aalto umfassend begreifen wollte, dem bietet die finnische Nationalgalerie diesen Sommer eine spannende Retrospektive über das Leben von Finnlands bekanntesten und einflussreichsten Architekten der Moderne. Noch bis 24. September 2017 kann man die umfangreiche Ausstellung besuchen und man erfährt ganz im Sinne Aaltos – als Gesamtkunstwerk quasi – alles über seine Inspiration, Beweggründe, Wegbegleiter und Vorbilder.

Wenn man sich mit Finnland beschäftigt, dann stolpert man unweigerlich über den Namen Alvar Aalto, jedoch nicht in erster Linie wegen der Architektur. Oftmals sind es die allseits bekannten Savoy-Vasen oder andere Produkte von Artek, die der Architekt gestaltet hat. Da kommt schon der erste interessante Stolperstein. Genau, Aalto ist eigentlich Architekt, aber hörte für ihn die Arbeit nicht beim Grundriss zeichnen des Gebäudes auf. Vielmehr sah er Architektur und den damit entstehenden Lebensraum nur gelungen im Zusammenspiel mit den Möbeln und Einrichtungsgegenständen, die dort platziert wurden. So kam es, dass er gleich die Inneneinrichtung mitgestaltete.

 

„Design follows function“.

Die Ausstellung konfrontiert einem gleich im ersten Raumes damit. Am Beispiel des Paimio Sanatoriums für Tuberkulosekranke – eines seiner bekanntesten Bauwerke – wird sofort klar, was das bedeutet. Neben der idealen Ausrichtung des Grundrisses, um den Patienten viel Licht, Bewegung und frische Luft zu ermöglichen, gestaltete er für die damalige Zeit sehr moderne Krankenzimmer. Die Form folgt der Funktion und Nutzung. Klare Linien und Fokussierung auf das Wesentliche, das macht seine fortschrittliche Denkweise aus, die noch bis zum heutigen Tage wenig altbacken wirkt.

Inspiration & Überzeugung

Wie kommt man zu so einer Sichtweise? Man muss sich vor Augen führen, dass diese Designideen 70-90 Jahre alt sind und trotzdem noch Gültigkeit aufweisen. Die Kuratoren des Ateneum haben einen Teil der Sammlung auch seinem Umfeld gewidmet, um zu verdeutlichen, wie Aalto auf seine Ideen kam.

Neben seiner Frau Aino Aalto, die ganz oft mitgestaltete und entwarf, war es für Aalto selbst wichtig, sich mit Kunst und Kultur zu umgeben. Sie waren der festen Überzeugung, dass dies einen erfüllenden Effekt auf das tägliche Leben haben muss. Sie entwarfen ansprechende Möbel und Beleuchtungen – so wurde zum Beispiel immer natürliche und künstliche Lichtquelle im Zusammenspiel gesehen -, Textilien und sogar die Auswahl der Werkstoffe waren ausschlaggebend. Alles sollte die Qualität des Lebensraumes verbessern und dabei das Zuhause modernisieren. Dank der Massenproduktion und Standardisierung seiner Entwurfsteile war es möglich, dass jeder sich so einrichten konnte.

Die Inspiration für seine architektonischen Formen, die Vereinfachung der Dinge und auch das Gefühl, die diese schlichten, cleveren Gebäude, Möbel und Gestaltungselemente hervorruft, schöpfte Aalto zum einen aus seinen Reisen in frühen Jahren. Er war ein Kosmopolit und gerne unterwegs. Seine Reisen nach Italien brachten ihn dazu die klassische Architektur in die Moderne zu wandeln.

Aber auch die Freundschaften zu Künstlern, Fotografen, Theaterleuten und Kinobegeisterten gaben ihm ständig zeitgeistigen Input. Wenn man in der Galerie 26 im Ateneum Aaltos experimentelle Holzarbeiten neben den Gemälden von Hans Arp, der auch Mitbegründer des Dadaismus war, sieht, wird einem schon bewusst, welch Aufbruch und Umbruch zu Beginn des 20. Jahrhunderts stattfand. Und während Deutschland eine andere Richtung einschlug, gab sich Aalto dem Freigeist zwischen Art Deko, Jugendstil, Bauhaus und Neuer Sachlichkeit gemeinsam mit seinen internationalen Künstlerfreunden hin.

Die Moderne verstehen

Das klingt alles sehr sperrig und theoretisch, zu gegeben. Das Thema ist einfach sehr umfassend und groß. Seit Jahren bin ich Fan von Alvar Aaltos Arbeiten, doch war es für mich immer schwer, alles einzuordnen. Die Ausstellung in der obersten Etage der Nationalgalerie schafft es, dass man einfach so durch Aaltos Leben spaziert. Spielerisch… Sogar zum Anfassen!

Behutsam wird man mit dem Mann, der eine tatkräftige Schaffenskraft besaß, vertraut gemacht und endlich hat sich auch ein meinem Kopf ein kleines Gerüst aufgestellt, in das ich die einzelnen Werke einfügen. Hugo Alvar Hendrik Aalto ist schließlich nicht nur in Finnland allgegenwärtig, man kann seiner Umtriebigkeit auch in Deutschland und ganz Europa – ja, sogar Russland – begegnen.

Als kleines Schmankerl – quasi „An ehxhibition with a twist“ (wie es gerne die Finnen sagen) – wird die Architektur Aaltos mit Aufnahmen des Fotografen Armin Link aus begleitet und illustriert. Form und Kunst als roter Faden mit den Bildern des Deutschen; ein netter Sidekick mit einem Augenzwinkern und einer Homage an das Thema.

Zum Jubiläumsjahr Finnlands finde ich diese Sommerausstellung besonders schön. Denn der Architekt war eine prägende Figur von Anfang an in der noch jungen Republik. Solltet ihr einen Städttripp nach Helsinki unternehmen – und wenn es nur ein Stop-Over ist – empfehle ich euch das Ateneum unweit des Bahnhofs zu besuchen – man versteht danach die Finnen vielleicht ein bisschen besser.

Infos: www.ateneum.fi/aalto

Veranstaltungen zum Thema der Ausstellung

Donnerstag, 24. August, 13:00–17:00
Conference: Alvar Aalto – Art and the Modern Form
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Samstag 9. September, 12:00–15:00
Conference: Aino Marsio-Aalto as a designer
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Kategorie Kunst & Design

In meinem Herzen schlägt eine Leidenschaft, die mich seit meinen Teenager-Tagen nicht mehr los lässt: FINNLAND. Eher ist es in all den Jahren schlimmer geworden und die Vermutung "das verwächst sich" oder "es ist nur eine Phase" lässt sich auch nicht mehr anbringen. Also blogge ich mir nun das Finnweh von der Seele und hoffe auf amüsierte und interessierte Leser.

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